Pilgerkirche in Schwalefeld

Laien sind in der Gestaltung und Leitung von Gemeinden überlebenswichtig!

Offener Brief an den Vorsitzenden der Kleruskongregation

Laien sind in der Gestaltung und Leitung von Gemeinden überlebenswichtig!

KLB Deutschland wendet sich mit Offenem Brief an den Vorsitzenden der Kleruskongregation

Enttäuschung und Besorgnis über die Instruktion zur Zukunft der Pfarreien bringt die Katholische Landvolkbewegung Deutschland (KLB) in einem offenen Brief an den Vorsitzenden der Kleruskongregation, Beniamino Kardinal Stella zum Ausdruck. Gleichzeitig lässt sie sich den Mut, über das zu reden, was wichtig ist, nicht nehmen!

Wichtig sind der KLB die vielen Ehrenamtlichen und nicht geweihten Hauptamtlichen, die schon heute wesentlich dazu beitragen, dass Kirche vor Ort lebt! Ohne diese Menschen wird kirchliches Leben in absehbarer Zeit verdunsten. Gerade im ländlichen Raum wird es künftig Kirche nur geben, wenn Laien und Verbände wie die KLB sich als Akteure der Pastoral verstehen und deren Ziel die Evangelisierung, das Weitertragen der frohen Botschaft ist. „Wir verstehen uns als Laien, die von Gott gerufen sind, und diese Berufung, geleitet vom Geist des Evangeliums ausüben und so wie ein Sauerteig Christus den anderen kund machen und in der Welt leben und wirken“, so der Bundesseelsorger der KLB Deutschland, Hubert Wernsmann, und verweist auf Lumen Gentium. Dieses Engagement der Laien ist ein wertvolles, aber auch zerbrechliches Gut. Es braucht einen Rahmen, in dem die Menschen ernst genommen werden und inhaltlich mitgestalten können und sich dadurch menschlich bereichert fühlen. „Die Instruktion zur pastoralen Umkehr der Pfarrgemeinde zerstört diesen Rahmen und das in vielen Jahren gewachsene Vertrauen und stößt die Engagierten vor den Kopf“ sind sich die Vorsitzenden der KLB, Korbinian Obermayer und Nicole Podlinski sicher.

Wie soll eine lebendige Zukunft der Kirche aussehen, wenn Laien weitestgehend vom Dienst in der Kirche ausgeschlossen werden? Diese zentrale Frage an Kardinal Stella wird sicher auch die ausstehenden Gespräche in Rom mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz begleiten.

Mit dem Offenen Brief fordert die KLB angemessene Möglichkeiten, damit Menschen ihrem Bedürfnis nach Begegnung, Gemeinschaft, Austausch und Gottesdienst nachkommen können und ermutigt alle Christen und Christinnen sich dafür einzusetzen, dass der Dienst an den Menschen das entscheidend Christliche ist; denn „eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts“.

 

Der Brief im Wortlaut:

Seiner Eminenz
Herrn Beniamino Kardinal Stella
Präfekt der Kongregation für den Klerus
Palazzo delle Congregazioni
Piazza Pio XII, 3
I-00193 Roma
Italien


27. August 2020


Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung
der Kirche


Offener Brief der KLB Deutschland


Sehr verehrter Herr Kardinal,


der Bundesvorstand der Katholischen Landvolkbewegung Deutschland (KLB) ist enttäuscht
und besorgt über die Instruktion zur Zukunft der Pfarreien, mit der anstehenden und
notwendigen Gemeindereformen deutliche Grenzen gesetzt werden. Aber wir wollen uns
den Mut, über das zu reden, was wichtig ist, nicht nehmen lassen.


Die KLB engagiert sich seit fast 70 Jahren ehrenamtlich aus ihrer christlichen Verantwortung
für die Menschen im ländlichen Raum. Diese Verantwortung nehmen wir als mündige
Christen und Christinnen wahr. Als Volk Gottes sind wir alle durch Taufe und Firmung zur
gemeinsamen Verantwortung berufen. Für das Leben, den Aufbau und die Sendung der
Kirche waren schon immer ehren- und hauptamtliche Laien, Frauen und Männer wichtig,
ganz besonders in den ländlichen Räumen! Gerade dort wird zukünftig eine verstärkte
Einbindung von Laien in die Leitung einer Gemeinde zum „Überleben notwendig“ sein, da
immer weniger Priester zur Verfügung stehen werden. Im ländlichen Raum wird es daher
künftig Kirche nur geben, wenn Laien und Verbände wie die KLB sich als Akteure der
Pastoral, deren Ziel die Evangelisierung, das Weitertragen der frohen Botschaft ist,
verstehen und verstehen dürfen. Ist dies nicht gegeben, besteht die Gefahr, dass das
Gemeindeleben ausblutet. Dann verdunstet das kirchliche Leben in den Gemeinden.
Wir verstehen uns als Laien, die von Gott gerufen sind, und diese Berufung, geleitet vom
Geist des Evangeliums ausüben und so wie ein Sauerteig Christus den anderen kund machen
und in der Welt leben und wirken (s.a. Lumen Gentium 31). Dieses Engagement der Laien ist
ein wertvolles, aber auch zerbrechliches Gut. Es braucht einen Rahmen, in dem wir ernst
genommen werden und inhaltlich mitgestalten können und uns dadurch menschlich
bereichert fühlen. Die Instruktion zur pastoralen Umkehr der Pfarrgemeinde zerstört diesen
Rahmen und das in vielen Jahren gewachsene Vertrauen und stößt die Engagierten vor den
Kopf.


KLB Verantwortliche, ehrenamtliche Laien, Mitglieder der Kirchenvorstände und die
Pfarrgemeinderäte nehmen in vielen Bereichen der Gemeindeseelsorge Leitung wahr.
Vielfach ist es selbstverständlich, dass Laien am Sonntag Wortgottesdienste gestalten und
feiern, dass sie den Beerdigungsdienst übernehmen, Andachten im kirchlichen Jahreskreis
eigenverantwortlich vorbereiten und feiern, Jugendliche in der Katechese begleiten und auf
den Empfang der Sakramente wie Erstkommunion und Firmung vorbereiten, in der
Verwaltung der Kirchengemeinden verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen, Immobilien
katholische Einrichtungen verwalten … und all dies tun sie fachlich qualifiziert, engagiert und
vom Glauben getragen.


In den vergangenen Jahren haben wir nicht nur unsere Mitglieder, sondern auch Menschen
in anderen kirchlichen Verbänden, in Kirchengemeinden, in kirchlichen Gremien und die
Mitglieder des Synodalen Weges aufgerufen, sich zu engagieren. Diesem Ruf sind viele
Menschen gefolgt, weil sie sich als Teil von Kirche und als mündige Mitglieder des Gottes
Volkes gesehen haben, die selbst bestimmen, wie sie ihr Leben als Glaubende gestalten
können. Die Instruktion lässt sie daran zweifeln, dass dies weiterhin möglich ist, und lässt die
Bereitschaft zu weiterem Engagement sinken.


Wir appellieren an Sie Eminenz, an jedem Ort müssen angemessene Möglichkeiten erlaubt
sein, damit Menschen ihrem Bedürfnis nach Begegnung, Austausch und Gottesdienst
nachkommen können.


Hier stellen sich uns vielfältige Fragen: Wie kann lebendiges kirchliches Gemeindeleben auf
der Basis der Festlegungen in der Instruktion zukünftig gewährleistet werden, wenn immer
weniger Priester für den Dienst in den Gemeinden vorhanden sind? Welche Art von Leitung
ist den Laien verschlossen und geweihten Priestern vorbehalten? Wie kann es gelingen,
Pfarrer in ihre Leitungsfunktion zu unterstützen und zu entlasten? In unseren Gemeinden
sind die Pfarrer vielfach auch für die Verwaltung und Organisation von Einrichtungen, wie
z.B. Kindergärten, zuständig. Sind diese und andere organisatorische Aufgaben von der
Leitung i.S. der Instruktion umfasst? Können Ämter des Pfarrers, z.B. als Vorsitzender des
Kirchenvorstandes von Laien übernommen werden? Sie sehen, Eminenz, uns ist das
kirchliche Leben vor Ort wichtig, ein kirchliches Leben, in dem alle Glaubenden die „gleiche
Würde“ innehaben, eine Kirche, die sich von unten nach oben aufbaut, von der
Gemeinschaft der Glaubenden hin zur Leitung, nicht umgekehrt.


Wir fragen Sie, wie eine lebendige Zukunft der Kirche aussehen soll, wenn Laien
weitestgehend vom Dienst in der Kirche ausgeschlossen werden. Für viele
Herausforderungen der Pastoral kann die Lösung nicht von oben her und für alle gleich
gefunden werden. Es braucht das Vertrauen, dass die Menschen vor Ort Lösungen finden,
gemäß dem Subsidiaritätsprinzip der Katholischen Soziallehre. Die Entwicklung der
verschiedenen Charismen im Volk Gottes ist Auftrag des Evangeliums.


Wir erinnern daran, dass Kirche sich dort ereignet, wo Gemeinde im Namen Jesu
zusammenkommt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, da bin ich mitten
unter ihnen.“


Wir ermutigen alle Christen und Christinnen sich dafür einzusetzen, dass der Dienst an den
Menschen das entscheidend Christliche ist; denn „eine Kirche, die nicht dient, dient zu
nichts“.


Wir wenden uns mit diesem Offenen Brief an Sie, Eminenz, als Präfekt der Kongregation für
den Klerus und gleichermaßen an alle Christen und Christinnen, die Position beziehen
wollen.


Mit ausgezeichneter Hochachtung


Bundesseelsorger            Bundesvorsitzende      Bundesvorsitzender
Hubert Wernsmann         Nicole Podlinski             K. Obermayer

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